Unsere Studie geht der Frage nach, inwiefern die Bevölkerung bereit ist, mit Andersdenkenden in den Austausch zu treten, politische Kompromisse einzugehen und auch unliebsame Parteien als legitimen Teil der Demokratie zu akzeptieren.
Ausschluss statt Aushandlung
37,7 Prozent der Stimmbevölkerung sind der Ansicht, es wäre besser oder eher besser für die Schweiz, wenn diejenige Partei, die ihnen am unsympathischsten ist, vom politischen Prozess ausgeschlossen würde – also nicht mehr an Wahlen oder Abstimmungen teilnehmen dürfte. 35,1 Prozent befürworten zudem den Ausschluss dieser Partei aus dem öffentlichen Diskurs, etwa von Debatten oder Medienauftritten. Besonders häufig befürworten solche Ausschlüsse Personen, die sich sozial benachteiligt fühlen, stark affektiv polarisiert sind oder den Austausch mit Andersdenkenden als wenig wertvoll empfinden.
Der Dialog wird geschätzt – theoretisch
76 Prozent der Bevölkerung halten den Austausch mit politisch Andersdenkenden für wertvoll. Ob jemand den Dialog als wertvoll erachtet, hängt stark vom Vertrauen in andere Menschen, dem politischen Interesse und davon ab, inwiefern es jemand überhaupt wichtig und sinnvoll findet, in einer Demokratie zu leben und an Wahlen teilzunehmen. Einen gegenteiligen Einfluss hat die affektive Polarisierung: Wer das eigene politische Lager stark bevorzugt und andere Lager deutlich ablehnt, empfindet den Dialog mit Andersdenkenden deutlich seltener als bereichernd.
Was Kompromissbereitschaft stärkt – und was sie hemmt
Kompromissbereitschaft wird begünstigt durch Vertrauen in Regierung und Medien, Zufriedenheit mit der Demokratie, ehrenamtliches Engagement und der Wertschätzung des Dialogs mit Andersdenkenden. Personen mit starker affektiver Polarisierung und/oder einer Präferenz für die SVP zeigen im Schnitt eine geringere Bereitschaft, politische Kompromisse einzugehen.
Schädliche affektive Polarisierung
Das Ausmass, wie stark jemand emotional polarisiert ist, hat einen klaren negativen Einfluss auf die Demokratie: Affektive Polarisierung schwächt die Kompromissbereitschaft, erhöht die Bereitschaft, die jeweils unbeliebteste Partei aus Diskurs und Wahlen auszuschliessen und verringert die Wahrscheinlichkeit, dass jemand den Austausch mit Andersdenkenden als wertvoll erachtet.